Kamajokk und Änok-Delta

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Die leichte etwa 8 Kilometer lange Wanderung führt in Richtung Norden von der Mündung des Kamajokk, durch einen Teil des gleichnamigen Naturreservats Kamajokk bis zu den Anfängen der Änok-Flusslandschaft.

B l i t z l i c h t

  • Gemeinde (kommun): Jokkmokk

  • Provinz (län): Norrbottens län

  • Historische Provinz (landskap): Lappland

  • Größe: Das Naturreservat ist 617 Hektar groß. Das Gebiet ist Teil des EU-Öko-Netzes Natura 2000

  • Lage: 1 km nordwestlich von Kvikkjokk

  • GeoHack - Kvikkjokk


Zusammenfluss von Kamajokk und Taraälven bei Kvikkjokk

In Kvikkjokk trifft der Kamajokk aus dem Norden kommend auf den aus dem Padjelanta strömenden Tarraälven. Im Zusammenfluss bilden sie das Deltagebiet von Kvikkjokk und das Fluss-/Seengebiet des Saggat.

Während das glasklare Wasser des Tarraälven auch zur Schneeschmelze recht ruhig in seinem breiten Flussbett durch das Deltagebiet fließt, strömt der Kamajokk auf seinen letzten Kilometern vor der Mündung tosend und Gischt sprühend über die glatt geschliffenen Felsen. Kamajokk (samisch Gámajåhkå oder Kamajåkkå) bedeutet donnernder Fluss und diese Namensgebung passt besonders gut zur Zeit der Schneeschmelze, wenn der Kamajokk sein Wasser schäumend und brausend über Felsblöcke und Stromschnellen bis zur Mündung in den Saggat stürzt. Dann ist das Wasser des Kamajokks vom Gletscherschlamm des Pårte-Massivs im Sarek graugrün gefärbt.

Vor seiner Mündung in den Saggat teilt sich der Kamajokk in zwei parallele Hauptarme. Ein Flussarm stürzt auf seinen letzten Metern in einem ohrenbetäubenden Rauschen die Stromschnellen herunter und bildet den kleinen aber imposanten Wasserfall am Zusammenfluss mit dem Tarraälven. Das besonders im Frühjahr und im frühen Sommer imposante Schauspiel lässt sich gut mit dem Boot und noch besser aus unmittelbarer Nähe von einem kleinen Felsvorsprung auf der Pfarrersseite beobachten.

Das Wasser des anderen Flussarms bahnt sich kaum weniger wild seinen Weg über Felsen und Steine am Ufer entlang der alten Schule und des alten Pfarrhauses mit seinen Nebengebäuden bis in den Saggat. 


Von der Mündung bis zur STF-Fjällstation in Kvikkjokk

Von der Mündung des Kamajokks geht ein etwa 400 m langer Pfad entlang der Stromschnellen des Flusses hinauf bis zur STF-Fjällstation in Kvikkjokk. Neben dem Schauspiel, das der tosende Fluss zur Zeit der Schneeschmelze Ende Mai bis etwa Ende Juni bietet, lässt sich hier staunend beobachten, wie in wenigen Tagen die vom langen und kalten Winter gezeichnete Landschaft geradezu explosionsartig von einem erst grünen, dann farbenfrohen Pflanzenteppich überzogen wird.

Die ersten Farbtupfer setzen meist die dottergelben Blüten des Sumpfdotters auf dem noch nassen Boden. Innerhalb weniger Tage gesellen sich gelbe Veilchen und Storchschnabel in weiß, blau, violett dazu. Sauerampfer und Knöterich findet sich ebenso wie die ersten Blüten von Trollblumen, Hahnenfußarten, Bach-Nelkenwurz, Baldrian, Echtem Fettkraut, Himmelsleiter, Engelwurz, Nordischem Eisenhut und so vielen anderen kleinen und größeren Pflanzen.

Kein Wunder, dass man hier in Kvikkjokk Carl von Linné, dem wohl berühmtesten aller botanischen Forscher, ein Andenken gesetzt hat und jährlich im Juli die Linné-Tage veranstaltet. Auf einem kleinen Hügel unterhalb der STF-Fjällstation findet man seit Linnés 200. Geburtstag im Jahr 2007 auch eine kleine rote Tafel: „Linné was here“. 

Bis zum alten Pfarrhaus führt ein schmaler Pfad entlang des Flussufers vorbei an glatt geschliffenen Felsen. In einem der Nebengebäude des Pfarrhauses stellt während des Sommers die heimische Künstlerin Helena Adolfsson ihre Malereien aus.[2] Am Ufer des Kamajokks gibt es eine Grillstelle und auf jeden Fall einen großartigen Ausblick auf die brausenden Wasser des Flusses. Übrigens: Durch die eiskalte Gischt des klaren Gletscherwassers hat man am Flussufer etwas Ruhe vor den im Sommer quälenden Mücken.

Zur STF-Fjällstation gehen wir weiter am Ufer des Flusses entlang, bis ein ausgetretener Pfad den Hang zur nun schon in Sichtweite liegenden Fjällstation hinaufführt. Auch für den, der keine Herberge sucht, lohnt ein Besuch der STF-Fjällstation. Bei einer Tasse Kaffee kann man die alten, mit Holzintarsien gestalteten Innenräume des Hauptgebäudes bestaunen. Kostenlos dazu ist der großartige Ausblick auf den Fluss von der am nördlichen Ende des Hauptgebäudes gelegenen Verandatreppe.

Ein wenig Kungsleden

Um zum Naturreservat Kamajokk und zum Deltagebiet des Änoks weiterzuwandern, kann man ab der Fjällstation noch eine Weile einen Pfad am Flussufer gehen. Der Pfad endet nach wenigen hundert Metern im dichten Gestrüpp von Büschen, Weiden und umgestürzten Bäumen. Spätestens dann sollte man den Hang hochsteigen bis ein recht breiter Versorgungsweg erreicht wird.

Einfacher geht’s, wenn man hinter der Fjällstation und am Ende des großen Parkplatzes gleich den Schotterweg parallel zum Fluss nimmt.

Den Weg weisen an der Fjällstation die Richtungsschilder „Kungsleden“ und zu den „Pårtestugorna“. Der Kungsleden ist Schwedens bekanntester Fernwanderweg. Der 440 Kilometer lange (nördliche) Kungsleden (Königspfad) führt von bzw. nach Abisko im Norden bis Hemavan nahe der Norwegischen Grenze im Süden. Kvikkjokk ist mit 302 Metern Höhe der niedrigste Punkt des Kungsleden. Die „Pårtestugorna“, zwei Übernachtungshütten am Kungsleden, liegen etwa 16 Kilometer von Kvikkjokk entfernt auf dem Weg nach Aktse.

Wir gehen hier auf einem kleinen Abschnitt des Kungsleden, der nach wenigen hundert Metern an einem hölzernen Hinweisschild in nordöstlicher Richtung abzweigt. Unser Weg zum Kamajokk-Naturreservat und dem Änok-Delta führt geradeaus nach Norden auf dem Traktorweg. 

Tradition, wirtschaftliche Interessen und Naturschutz

Nur etwa 50 Meter hinter dem Abzweig Kungsleden liegt eine kleine, mit einem hölzernen Dach überbaute Quelle mit Trinkwasser auf unserem Weg. Der Weg ist einfach zu gehen, wird aber im weiteren Verlauf zunehmend steiniger. Mittlerweile verläuft der Wanderweg in größerem Abstand aber noch immer parallel zum Fluss. Zunehmend mächtiger werden die Felsblöcke am Wegrand und langsam verwandelt sich das bisher eher flache, von Feuchtwiesen geprägte Gelände an der flussabgewandten Seite in sanft ansteigende von Birken, Fichten und Kiefern bewachsene Hänge.

Je weiter wir wandern, desto größer werden auch die Steine auf dem Traktorweg. Vor uns in nördlicher Richtung sehen wir in der Ferne die auch im Sommer noch schneebedeckten Berge  des Pårtemassiv im Sarek. Westlich von uns und viel näher als die Berge des Sarek erhebt sich die charakteristische Pyramide des Vallespiken aus der Hochebene des Vallevaare im Tarrekaise-Massiv. 

Wir nähern uns jetzt dem Naturreservat Kamajokk. Die deutlichsten Zeichen des Naturreservats sind hier aber nicht die grandiose Urwaldlandschaft oder die weglose Wildnis mit ihren Mooren und Nadelwäldern sondern die drastischen Protestschilder der Gegner des Naturreservats bzw. des Verbots zum Holzeinschlag im Änok. Die Reste der Protestschilder aus dem Jahre 2009 waren auch noch 2017 am Rande des Weges zu sehen.

Im Wesentlichen ging es bei dem Streit um die Einrichtung des Naturreservats und der Nutzungsrechte im Änok um den ewigen Konflikt zwischen wirtschaftlichen Interessen und der Höhe von Kompensationszahlungen auf der einen Seite, und andererseits um dem Schutz einer einzigartigen Naturlandschaft. Der heftige Streit um das Schutzgebiet ging auch quer durch die Bewohner der Gegend.

Nachdem das schwedische Waldministerium zwischenzeitlich den Holzeinschlag in den subalpinen Bergwäldern der Änok-Flusslandschaft freigegeben hatte, protestierten Umweltgruppen gegen diesen Beschluss, um mit dem Änok-Delta eine grandiose Urwaldlandschaft und weglose Wildnis zu bewahren.[3]

Nach den Protesten der Umweltgruppen stellte schließlich die Provinzialregierung von Norrbotten das Gebiet zu einem Teil unter Schutz. Es wurde ein Kompromiss zu Gunsten der Waldbesitzer-Lobby und der Holzwirtschaft geschlossen und große Teile des Änok-Deltas zum Holzeinschlag freigegeben.[4] 

Das Högsta förvaltningsdomstolen (Oberstes Verwaltungsgericht) in Stockholm hob 2014 diesen Beschluss wieder auf und verbot den Holzeinschlag im Gebiet des Änok und stellte den Naturschutz dieser einzigartigen und schutzbedürftigen Landschaft über die wirtschaftlichen Interessen. 

Eine Fortsetzung dieses Konflikts auf anderer Ebene findet seit einiger Zeit direkt in Kvikkjokk mit der Bebauungs- und Siedlungspolitik statt. Auch hier streiten sich erbittert Befürworter und Gegner um ihre Interessen für und gegen wirtschaftlicher Vorteile und traditioneller und bewahrender Werte.

Naturreservat Kamajokk und Änok

Etwa 3 Kilometer nördlich von Kvikkjokk und wenig hinter den ersten Protestschildern steht der erste Pfahl mit dem Naturreservats-Zeichen an der flusszugewandten Seite des Weges. Das Naturreservat Kamajokk wurde 2007 eingerichtet und erstreckt sich über beinahe fünf Kilometer auf sechs Quadratkilometern entlang des Flusses. 

Der Wald im südlichen Abschnitt ist von Fichten geprägt. Der nördliche Teil des Naturreservats besteht meist aus Feuchtgebieten, Mooren und altem Kiefernwald mit Birkenlichtungen. Viele umgestürzte Bäume und Tothölzer sind Überbleibsel der Orkane im Winter 2001/2002 und erhöhen die biologische Vielfalt des Gebietes. Der Orkan im Winter 2001 brachte aber nicht nur große Schäden sondern auch eine Zunahme der biologischen Vielfalt mit. Dies war u.a. Anlass, die bereits in früheren Jahren geplante Schaffung des Naturreservat Kamajokk zu forcieren. 

In Änok trifft das Naturreservat Pärlälven auf das Kvikkjokk-Kabla-Naturreservat und das Weltkulturerbe Laponia mit dem Sarek-Nationalpark

Während das Gebiet nur selten von Touristen besucht wird und bei Wanderern kaum bekannt ist, erholen sich die Menschen in Kvikkjokk seit Generationen im heutigen Gebiet des Naturreservats und des Änok-Deltas.[5] 

Aussicht auf den 'Elchsee'

Einen guten Überblick auf einen Abschnitt des Naturreservats hat man von den Hängen am östlichen Wegrand etwa 350 Meter nach dem ersten Naturreservatszeichen. Kurz bevor der Weg in eine Senke abfällt, führt ein unscheinbarer Pfad an einem kleinen Felsblock den Hang hinauf. Nach etwa 50 Metern wird die felsige Anhöhe erreicht und belohnt mit einem prächtigen Blick auf einen beinahe rechteckig scheinenden See, wo mit etwas Glück auch Elche zu beobachten sind.

In östlicher Richtung ragt die Pyramide des Vallespiken aus der nahen Hochebene des Vallevare und selbst der kleine, flache Gipfel des Prinskullen ist gut zu erkennen. Die mächtigen, auch im Sommer schnee- und gletscherbedeckten Berge des Sarek sieht man im Norden.

Über den Njakakbäcken ins Änok

Nach nun ungefähr 4,5 km Wanderung von Kvikkjokk kreuzt der Bach Njakakbäcken unseren Weg und über eine schmale Holzbrücke und einem weiteren Kilometer Richtung Norden wird das Gebiet des  Änok-Deltas mit seinem alten Bergwald, den Mooren, kleinen Seen und dem sich schlängelnden Kamajokk erreicht. Die außerordentlich schöne Flusslandschaft ist Heimat für eine große Vielfalt von Pflanzen und Tieren, die in dem unzugänglichen Urwald leben.

Nahe einem kleinen See stehen einige Hütten und Motorboote liegen vor Regen geschützt kieloben auf den Wiesen. Wer jetzt weiter wandern möchte, braucht wasserfestes Schuhwerk, besser noch Gummistiefel und einen Kompass oder GPS. Das Änok ist weitgehend weglos und am ehesten mit Boot oder Kanu zu erkunden.

Es bleibt zu hoffen, dass die Flusslandschaft des Änok auf Dauer vor Holzeinschlag geschützt bleibt und der Schutz des Naturreservats Kamajokk sich positiv auf den Änok auswirkt. 


Textverweise

  • [1] Schreibweisen: Kamajokk, Kamajåkkå, Gámajåhkå, Gamajåhkå

  • [2] Helena Adolfsson | http://www.helenaadolfsson.se/ | URL abgerufen am 26.09.2020 

  • [3] vgl. dazu: http://www.lansstyrelsen.se/norrbotten/Sv/djur-och-natur/skyddad-natur/naturreservat/jokkmokk/Pages/kamajokk.aspx (abgerufen am 25.03.15; Seite nicht mehr erreichbar) 

  • [4] Die damalige Pressemitteilungen von 'Protect the Forest' und 'Friends of the arth' sind unter http://www.pro-regenwald.de/news/2011/02/27/Mail_Aktion_Schweden | URL abgerufen am 25.03.15 | das Protestschreiben unter http://protecttheforest.se/de/aenok zu finden | URL abgerufen am 25.03.15

  • [5] Fotograf Tor Lundberg, TORS BLOGG | Naturreservat Kamajokk | URL abgerufen am 26.09.2020

Weitere Informationen

  • Naturskyddsföreningen i Norrbottens län | Änok( Kamajokk | URL abgerufen am 13.01.21

  • Radio Schweden berichtete 2010 zum Protest von Waldeigentümern. das Schwedenforum berichtete in seinem Beitrag vom 6. Juli 2010 davon | URL: https://sweforum.schwedenstube.de/schweden-nachrichten/umstrittene-naturreservate-t14956.html#p103698 | URL abgerufen am 13.01.21

  • Mail-Aktion (abgelaufen!): Änok Flussdelta im Norden Schwedens retten; URL: http://www.pro-regenwald.de/news/2011/02/27/Mail_Aktion_Schweden (abgerufen am 25.03.15)

  • Der Beschluss zur Änderung der Kamajokk-Naturpark-Regelungen von 2011 ist bei Länsstyrelsen Norbotten veröffentlicht; URL: http://www.lansstyrelsen.se/norrbotten/SiteCollectionDocuments/Sv/djur-och-natur/skyddad-natur/Naturreservat/Jokkmokk/Beslut%20och%20BP/Kamajokk_Beslut%20med%20till%C3%A4gg.pdf | Seite nicht mehr einsehbar



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Letzte Aktualiserung am 09.12.2020


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